Biopharmazeutische Labore und Produktionsanlagen setzen typischerweise auf Arbeitsabläufe mit einem hohen Anteil an manuellen Arbeitsschritten, von der Materialaufbereitung bis zur Probenanalyse. Große Geräteflotten mit eigenständigen Konfigurationen, unterschiedlichen Datenformaten und Kommunikationsprotokollen erschweren die Umsetzung moderner Industrial Internet of Things (IIoT) oder Industrie 4.0-Konzepte. Darüber hinaus sind Änderungen an bestehenden Produktionseinrichtungen oder Prozessen nach der Validierung und Genehmigung aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht möglich.[1]
Die Entwicklung der technischen Rahmenbedingungen für die Intensivierung von Bioprozessen durch innovative Digitalisierungs- und Automatisierungskonzepte war das Ziel des von der Innosuisse unterstützten Projekts zwischen der Forschungsgruppe Bioverfahrenstechnik der ZHAW und der Securecell AG. Dabei wurde das Potenzial einheitlicher und automatisierter Überwachungs-, Steuerungs- und Auswertungsroutinen über ein breites Spektrum biotechnologischer Wertschöpfungsketten (von Bakterien- über Säugetier- bis hin zu Mikroalgenkulturen) erforscht.[2]
Das Projekt umfasste die folgenden Schwerpunktbereiche:
Ausweitung der bestehenden Lucullus-Installation mit Anbindung einer breiten Palette von Bioprozessgeräten
Vollständige Digitalisierung der Medienküche:
- Digitale Rohstoffverwaltung
- Digitalisierte Protokolle mit einem digital unterstützten Workflow
- Integration von Waagen, pH-Metern und Osmometern
- Zuordnung der Medien zu den jeweiligen Prozessen mittels Barcode
Erweiterung des Numera®-Probenahmesystems mit einem Modul zur pH-Messung
Indirekte Integration von spektroskopischen Daten (RAMAN) in Lucullus®
Entwicklung von Algorithmen zur Datenauswertung, Prozessüberwachung und -steuerung
Als eines der wichtigsten Ergebnisse wurde nun ein vollständig integriertes Entwicklungs- und Prototyping-Ökosystem für digital verbesserte Arbeitsabläufe in der Biotechnologie geschaffen, das sogenannte i2BPLab (Intelligent and Integrated BioProcessing Lab). Durch die Überbrückung von Lücken zwischen traditionell isolierten Arbeitseinheiten wird eine ganzheitliche Sicht auf die gesamte Verarbeitungskette ermöglicht, die die Tür zu "fortschrittlichen" Methoden der Datenverwertung öffnet.[3]
Das Bioprozesslabor am Campus Grüental der ZHAW in Wädenswil verfügt über eine eigene Laborinfrastruktur, welche die vorhandene Hard- und Software verschiedener Hersteller optimal miteinander verbindet. Herzstück der Bioprozessdigitalisierung ist die umfassende Softwarelösung Lucullus® der Securecell AG, mit der Prozessketten von der Medienproduktion über Vorkulturen und Bioreaktoren bis hin zur algorithmenbasierten Datenauswertung digitalisiert werden können. Unterstützt durch die automatisierte Probenahme und Analyse mit dem Numera®-Probenahmesystem, ebenfalls von der Securecell AG, können Bioprozesse weitgehend automatisiert und damit mit höchster Effizienz entwickelt und durchgeführt werden.
In Zukunft werden sowohl Studierende als auch Forschungsgruppen an der ZHAW von den einzigartigen digitalen Technologien profitieren. Die hochwertige Ausstattung des Labors eröffnet auch der Securecell AG neue Möglichkeiten. Produkte können nun ausgiebig und effizient in realen Anwendungen getestet, in Zusammenarbeit mit der ZHAW verbessert und potenziellen Kunden vorgeführt werden.
Ein kleiner Teil des Projektbudgets wurde für Marketingzwecke verwendet. Ziel ist es, das moderne Labor innerhalb der ZHAW und bei Industriepartnern bekannt zu machen, um einen Überblick über die vorhandenen Geräte und Einrichtungen zu erhalten.
https://my.matterport.com/show/?m=rRypssMvxt4